Wolfgang Marx

Im Gedenken an Wolfgang Marx

Am 13. Februar 2010 ist unser Ehrenpräsident Wolfgang Marx im Alter von 74 Jahren von uns geschieden. Ihm zum Andenken soll der folgende Text für immer auf unserer Webseite zu sehen sein.


Geschichte

Im Jahre 1100 nach Christus wurde unsere Dorfkirche erbaut, und am 4. Sonntag im August dem heiligen St. Bartholomäus geweiht. Seit jenem Tage feiert die Dorfgemeinschaft Altstadt mal recht mal schlecht ihr traditionelles Kirchweihfest.


Die Bartholomäuskirmes, wie sie in der Abkürzung heißt, fand in den örtlichen Gaststätten statt. Wie das Kirmesgeschehen ablief ist mir nicht bekannt, jedoch wurde die Sonntagstracht angezogen. Die Burschen in schwarzer Hose und schwarzen Schuhen, blauer bestickter Kittel und ein rotes Tuch um den Hals. Die Mädels in Dirndl. Erstmals 1899 wurde in Bild und Schrift über die Altstädter Kirmes berichtet.


7 junge Männer sind auf dem Bild zu erkennen, welche in diesem Jahr die Kirmes ausgerichtet haben. Es sind Gustav Pock, Heinrich Brenner genannt Montag, Heinrich Popp genannt Mundes, Jacob Leyendecker genannt Zimt Jacob, Hannes Pitter Leyendecker, Christian Stahl und Wilhelm Jung genannt Uch.


Um die Jahrhundertwende war eine große Hungersnot, und gleichzeitig herrschte eine riesige Igelplage. Man schlachtete die Igel, steckte sie in Tonerde und hat sie dann in der örtlichen Ziegelei gebraten. Es soll derzeit eine Delikatesse gewesen sein. Auf dem Kirmesbild ein Igel auf einem Stein zu erkennen, welcher an der Kirmes verzehrt wurde. Somit erklärt sich auch der Begriff „auf der Kirmes Igel essen“, mundartlich „Ischeläsen“. Hiermit ist erwiesen, daß Kirmes-Ischelessen aus Altstadt stammt. Heute werden keine Igel mehr geschlachtet, sondern man nimmt Hackfleisch mit sehr viel Zwiebeln drin und serviert dies als Ischel.


In den darauf folgenden Jahren wurde im Dorf Altstadt ein Knobelclub gegründet, welcher fortan die Kirmes an Bartholomäus 4. Sonntag im August ausrichtete. Auch wurde in der Dorffärberei eine Fahne gefärbt und bedruckt, welche heute noch vorhanden ist.


Es wurde und wird an Kirmes viel gesungen. Deshalb wurden für das Fest Gedichte und Lieder verfasst. Ein Gedicht „Bekanntmachung“ zum Beispiel von Lehrer Seibert damals als Dirigent des Männergesangvereins 1866 1870, das Lied „Der graue Hans“ ebenfalls von Lehrer Seibert 1866 aus dem Liederbuch „Frühlingstänzchen“, sowie die Neckerei „gieh mer net iwwer mein äckerchen“ aus dem selben Liederbuch. Zum Lied „Der alte Hanauer“ sei gesagt, daß junge Männer aus unserem Ort im vorigen Jahrhundert in Hanau ihren Wehrdienst geleistet haben und dieses Lied aus Hanau mitgebracht haben. Und wenn die jungen Männer nach Hause kamen, so ging im Dorf um „die Hanauer sind wieder da“. Somit hatte die Dorfbevölkerung ihren Spitznamen weg.


Kirmes wurde bis 1914 gefeiert, dann brach der 1. Weltkrieg aus, der bis 1918 dauerte und somit auch in der Altstadt vielen jungen Männern das Leben nahm. Nach dem Krieg besann man sich wieder der alten Tradition und es wurde wieder Kirmes gefeiert. Dies alles aufzuschreiben würde den Rahmen sprengen. Eins sei nur gesagt, dass die Ausrichter der Kirmes jedes Jahr der Schuljahrgang der 18- und 19-jährigen waren. So auf einem Bild dokumentiert aus dem Jahr 1927, wo unser noch lebender ehemaliger Ortsvorsteher Toni Brenner Kirmesekel war.


Der Kirmesekel war der Kopf der Kirmesjugend. Seine Aufgabe bestand darin, einen Sonntag vor dem Fest durch die Bekanntmachung bzw. das „Ausrufen“ der Kirmes die Dorfbevölkerung das nahen der Kirmes hinzuweisen, und am Kirmessamstag mit den Burschen den Kirmesbaum (das Wahrzeichen der Kirmes) aufzustellen. Anschließend musste er unterm Baum Geschichten und Geschehnisse aus dem Dorfgeschehen berichten. Montags hatte er die ehrenvolle Aufgabe, den älteren Dorfbewohnern einen auszugeben.


Als 1939 der 2. Weltkrieg ausbrach, war es wieder mit dem Feiern der Kirmes vorbei. Dieser verheerende Krieg raffte wieder eine große Zahl von jungen Männern aus unserem Dorf dahin. Nach diesen schlimmen Ereignissen besann man sich 1947 der alten Tradition. Die Jahrgänge, welche nicht zum Kriegsdienst gezogen worden waren, richteten erneut die Kirmes aus. So war ich 1955 erstmals Kirmesekel. Als die Jahrgangsdecke in dem darauf folgenden Jahr immer dünner wurde, gründeten wir 1960 die Kirmesgesellschaft.


Ich wurde zum Präsident gewählt und hatte Toni Kohlhaas als 2. Vorsitzenden und Vertreter, Karl Kohlhaas als Kassierer und Harri Brenner als Schriftführer zur Seite. 1962 und 1963 war ich in Personalunion Präsident und Kirmesekel. Da die Räumlichkeiten in den beiden Wirtschaftsälen nicht mehr ausreichte, der Kirmesbetrieb hatte sich riesig vergrößert, stellten wir 1966 auf den halbfertigen Sportplatz hinter Gaststätte Heller zum Stern ein Festzelt auf.


Seit der Gründung der Kirmesgesellschaft wurde jedes Jahr einer ausgezeichnet, der sich in ganz besonderer Weise in den Dienst der Kirmes gestellt hatte. Man brauchte nicht lange zu diskutieren und war sich schnell einig. Es wurde sich dran erinnert, daß wir Hanauer genannt werden. So entstand der Hanauer Orden, der jeweils an Kirmesmontag als Höhepunkt des Festes verliehen wird.


Das Amt des Präsidenten übte ich bis 1980 aus und übergab es dann einem Jüngeren, Burkhard Brenner. Es waren für mich anstrengende Jahre, aber auch sehr schöne Erlebnisse, die ich nie mehr missen möchte.